Eine Dialogpredigt über 2.Petrus 1,16-19 von Peter Bissert und Pfarrerin Deborah Martiny.

Hören oder lesen Sie hier die Predigt:

Dialogpredigt über 2. Petrus 1,16-19 (Letzter Sonntag nach Epiphanias)



Peter Bissert: Meinst Du echt, wir können schon wieder eine Dialogpredigt machen?

Deborah Martiny: Solange wir keine Märchen erzählen…

Peter Bissert: Wieso Märchen erzählen?

Deborah Martiny: Weil das Märchen erzählen doch im Predigttext vorkommt:
„Wir haben euch ja angekündigt, dass unser Herr Jesus Christus machtvoll wiederkommen wird. Und dabei haben wir uns nicht auf ausgeklügelte, erfundene Geschichten gestützt. Sondern wir haben mit eigenen Augen seine wahre Größe gesehen. Von Gott, dem Vater,empfing er seine Ehre und Herrlichkeit – aus der majestätischen Herrlichkeit Gottes kam eine Stimme zu ihm, die sagte: »Das ist mein geliebter Sohn, an ihm habe ich Freude.« Diese Stimme haben wir selbst gehört. Sie kam vom Himmel her, als wir mit Jesus auf dem heiligen Berg waren.
So gewinnen die prophetischen Worte für uns noch an Zuverlässigkeit. Und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet. Denn diese Worte sind wie ein Licht, das an einem finsteren Ort brennt – bis der Tag anbricht und der Morgenstern in eurem Herzen aufgeht.“ (Basisbibel)

Peter Bissert: Ah, das meinst Du: Ganz am Anfang vom Text: Keine ausgeklügelte, erfundene Geschichte – sondern mit eigenen Augen Jesus gesehen. Ja da ist cool. Wenn man einfach sagen kann – hey, ich hab da nicht was gehört oder gelesen – sondern ich war dabei. Ich hab’s erlebt. Ich hab ihn selbst gesehen.

Deborah Martiny: Das Problem ist nur, das der Verfasser des zweiten Petrusbriefes das gar nicht wirklich erlebt hat. Der Petrusbrief ist nämlich gar nicht von Petrus, sondern erst in der zweiten oder dritten Generation nach Christus entstanden. Lässt sich historisch belegen. Der Brief wurde vermutlich erst so um 120 n.Ch. geschrieben.

Peter Bissert: Oh Mann, du machst wieder alles kaputt. Aber nicht ganz. Immerhin war der Verfasser doch ziemlich dicht dran. Jedenfalls zeitlich. Ich mach ein Beispiel: Ich hab den zweiten Weltkrieg nicht erlebt. Aber mein Opa – also zwei Generationen. Und ich weiß noch gut wie er davon erzählt hat und wie es ihm dabei gegangen ist. Deshalb hab ich zu dieser Zeit anderes Verhältnis als zum dreißigjährigen Krieg. Obwohl ich natürlich bei beidem nicht dabei war.

Deborah Martiny: Das Beispiel passt gut! Das, was im zweiten Weltkrieg passiert ist, wirkt ja wirklich immer noch in unsere Gegenwart hinein und hat eine große Bedeutung für uns. Das kenn ich aus meiner Familie, von meinem Großvater, auch. Und so war das auch für die Menschen, für die der Petrusbrief geschrieben wurde. Im Grunde ist das ziemlich egal, ob der Verfasser des Briefes Jesus noch mit eigenen Augen gesehen hat. Er war auf jeden Fall ganz nah dran, so daß er mit gutem Recht sagen konnte: Das ist so passiert. Das ist die Wahrheit. Darauf beruht unser Glaube.

Peter Bissert: Hm. Und was heißt das jetzt für uns? Der hatte ja trotzdem damals schon Probleme die Leute bei der Stange zu halten. Obwohl sie noch so nah dran waren. Die haben alle gedacht das Reich Gottes kommt jetzt sofort, oder zumindest ganz bald und wurden ungeduldig.
Und wir sitzen hier 2000 Jahre später und es immer noch nicht da.

Deborah Martiny: Und das ist jetzt mein Problem mit dem Text, das das für mich kein Problem ist… Nein, im Ernst: Ich persönlich find es nicht schlimm, daß das Reich Gottes noch nicht da ist. Ich hab ein ganz großen, vielleicht irgendwie naiven Glauben daran, daß das Reich Gottes kommt, wenn es soweit ist. Ich brauche keine Augenzeugenberichte und niemanden der mich da von irgendwas überzeugt wie hier im Predigttext. Ich kann das einfach so glauben. Klar, manchmal wünsch ich mir schon, er würde sich beeilen. Aber im Grunde denke ich, er wird schon wissen, wann der richtige Zeitpunkt ist.
Wie geht’s Dir denn damit?

Peter Bissert: Ich bin da auch ziemlich gelassen. Weil wir ja inzwischen zig Generationen hatten, die eben die Wiederkunft Gottes nicht erlebt haben. Und ich glaub die Ungeduld hat von Generation zu Generation abgenommen. Wir beten das jeden Sonntag im “Vater unser”: Dein Reich komme. Aber ist das wirklich noch ein flehendes Gebet mit der Erwartung, das Gott darauf hört und das Reich Gottes baldmöglichst abliefert. Lieferung bis Donnerstag, vor 14 Uhr, wird gegebenenfalls abgelegt…

Deborah Martiny: Aber die Frage vom Text her ist doch: Glaubst Du das? Glaubst Du, dass Jesus wiederkommt in seiner “wahren Macht und Größe” wie es im Text heißt?

Peter Bissert: Yep. Das glaub ich schon. Es ist die eigene Aussage von Jesus, dass er wieder kommen wird. Das kann nicht sein, dass er sich nicht dran hält. Er ist schließlich die Wahrheit und das Leben – auch seine Aussage.

Deborah Martiny: Ich find das spannend, dass dir sein Versprechen reicht – auch ganz ohne Augenzeugenbericht. Mir reicht das ja auch, um daran zu glauben, dass er wieder kommen und die Welt zu einem guten Ende bringen wird. Einigen Menschen damals hat das nicht gereicht. Die haben das für ausgeklügelte, erfundene Geschichten gehalten. Deswegen muss der Verfasser des Briefes so betonen, dass er es mit eigenen Augen gesehen hat. Aber die Frage, die dahinter steht ist doch: Wie begründe ich meinen Glauben? Brauche ich wirklich den Beweis? Den Augenzeugenbericht – oder kann ich auch glauben, wenn ich den Beweis nicht habe? Und die Frage ist ja auch für uns heute noch total wichtig!

Peter Bissert: Wenn ich mit jemandem eine Beziehung habe. Dann basiert die auf Vertrauen. Zum Vertrauen gehört auch dazu, dass ich das, was der andere zu mir sagt, glaube.
Wenn Jesus sagt, er kommt wieder, dann muss ich das glauben. Sonst fängt alles an zu wackeln. Was hätte ich für eine Beziehung zu Jesus, wenn ich nicht an das glaube was er sagt.

Deborah Martiny: In einer guten und funktionierenden Beziehung erlebe ich ja auch immer wieder, dass das, was der andere sagt, wahr ist und ich mich drauf verlassen kann. Das ist bei Jesus genau so. Ich hab oft genug erlebt, dass
ich mich darauf verlassen kann, was er versprochen hat. Es geht doch darum, dass wir erleben, dass es Gott gibt und daß er für uns da ist. Nicht darum, seine Existenz zu beweisen.

Peter Bissert: So wie ich die Realität einer Beziehung nicht beweisen kann. Ich kann die Beziehung leben. Jeden Tag. Oder so tun als hätte ich eine Beziehung. Das ist eine Entscheidung die ich treffe und die mein Gegenüber trifft.

Deborah Martiny: Glauben ist eine Entscheidung – klingt gut! Und das Beste ist: Unser Gegenüber hat das schon längst entschieden. Gott will mit uns in Beziehung sein. Im Grunde müssen wir jetzt entscheiden, ob wir das auch wollen und ob und wie wir diese Beziehung leben. Und damit geht es uns genau so wie den Menschen damals die den zweiten Petrusbrief gekriegt haben – die standen auch vor der Entscheidung.

Peter Bissert: Und welche Entscheidungshilfe bietet ihnen der Verfasser an?

Deborah Martiny: Zum einen der Augenzeugenbericht – von dem wir festgestellt haben, dass der uns persönlich nicht so wichtig ist. Und zum anderen, eben den letzten Vers:
„So gewinnen die prophetischen Worte für uns noch an Zuverlässigkeit. Und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet. Denn diese Worte sind wie ein Licht, das an einem finsteren Ort brennt – bis der Tag anbricht und der Morgenstern in eurem Herzen aufgeht.“
Es geht um das Licht. Das Gottes Worte wie Licht für uns sind. Das Entscheidende an unserem Glauben ist doch, das Gott uns nicht droht, oder straft, oder uns zu irgendetwas zwingt. Er bietet uns Leben und Licht an. Da wo es dunkel ist in meinem Leben leuchtet trotzdem immer noch sein Licht. Auch wenn das Leben manchmal ziemlich unerträglich ist, weiß ich trotzdem, dass Gott für uns da ist.

Peter Bissert: Das stimmt. Und manchmal sehe ich das Licht nicht, weil ich starr in die dunkelste Ecke meines Erlebens blicke. Aber dann hilft es mir daran zu glauben, dass es dieses Licht gibt und mich daran zu erinnern den Blick darauf zu lenken. Dann weiß ich wieder, Gott ist da und es geht weiter.

Deborah Martiny: Und es geht ja nicht nur irgendwie weiter. Es geht auf ein gutes Ziel hin weiter. Genau darum geht es doch im Predigttext. Jesus hat uns versprochen: Er kommt wieder und macht die Welt heil.

Peter Bissert: Und was man einer Beziehung verspricht, hält man auch.

Deborah Martiny: Na dann – AMEN.