Texte zum Sonntag Exaudi (24. Mai 2020)

Predigttext: Jeremia 31, 31-34

Spruch zum Eingang: Johannes 16, 22 Christus spricht: Ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.

 

 

 

Eingangsgebet

In dieser Zusage beten wir:

Lieber Gott,

unglaublich, was die Wörter Wiedersehen und Freude gerade in mir auslösen.

Wie viele Menschen habe ich in den vergangenen Wochen nicht treffen dürfen. Wie viele habe ich nur maskiert gesehen. Keine Umarmung und die Wiedersehensfreude bremst 1,50 Meter vorher ab.

Mit der Freude ist es gerade auch nicht so weit her, seit es nur noch dieses eine Thema gibt. Und selbst wenn es mir gut geht, traue ich mich doch kaum mich zu freuen, wo es doch so vielen so schlecht geht.

 

Und so haben diese beiden Wörter, Wiedersehen und Freude, gerade eine starke Wirkung.

Ich bitte dich: Sei mir in diesem Gottesdienst nahe. Lass es sich so schön wie ein Wiedersehen anfühlen.

Ich bitte dich: Schenke meinem Herz die Freude, die es sich von nichts nehmen lässt.

Amen

 

Predigt

Liebe Gemeinde,

Von einem schottischen Pfarrer ist in etwa folgendes Gebet überliefert: „Herr, ich bin so froh darüber, wie gut ich mich heute geschlagen habe. Ich habe noch keinen Tratsch verbreitet, ich war kein bisschen unhöflich oder anmaßend. Ich war noch nicht mal besserwisserisch. Darüber bin ich richtig froh. Aber langsam muss mich dann doch mal aus dem Bett bequemen und den Tag beginnen …“

Wie ist Ihre Bilanz bisher heute?

Haben Sie alles richtig gemacht?

Und gestern! Letzte Woche! Dieses Jahr!

Nicht die kleinste Unehrlichkeit, nicht die kleinste Gemeinheit, nicht gute Mine zum bösen Spiel gemacht, sich über keinen Menschen lustig gemacht?

Wenn Sie so ein guter Mensch sind, dann ist die heutige Predigt leider nichts für Sie. Denn der Predigttext richtet sich an Menschen, die es mal wieder so richtig verbockt haben.

Durch den Propheten Jeremia erfahren wir, wie Gott damit umgeht, dass wir Menschen uns immer und immer wieder nicht an seine Regeln halten.

Und wir erfahren dabei auch etwas darüber, mit welchem Geheimrezept Gott das ändern wird, wenn die Zeit dafür kommt.

Wir hören aus Jeremia 31 die Verse 31-34


Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den sie gebrochen haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der Herr; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der Herr: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den Herrn«, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der Herr; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken. Amen

Es hätte alles so einfach sein können.

Gott hat mit seinem Volk einen Bund geschlossen. Dann müsste doch alles gut sein.

Wir kennen das aber noch aus der dritten Klasse, die Mosegeschichte:

Gott befreit sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten,

er rettet sie vor ständig neuen Gefahren: Vor den Ägyptern und anderen Feinden, vorm Verdursten und Verhungern und, und, und. Es wird aber ständig nur gemeckert.

Schließlich schließt Gott mit dem Volk am Berg Sinai einen Bund, einen Vertrag, ein Bündnis.

Der Bund ist noch nicht einmal geschlossen, da brechen ihn die Menschen schon und so geht es bis auf den heutigen Tag.

Keiner hält sich an die Spielregeln des Lebens.

Dabei könnte doch alles so einfach sein und dann so schön sein. Warum schaffen wir Menschen es nicht? Und was können wir als einzelne, du und ich, tun, dass es vielleicht doch ein klein wenig besser und gerechter auf dieser Welt zugeht?

Unser Predigttext heute liefert einen interessanten Ansatzpunkt. Er ist nur ein bisschen versteckt:

Gott beschreibt den Bund, den er mit dem Volk geschlossen hat und den dieses immer wieder bricht mit den Worten: „als ich sie bei der Hand nahm“…

Dieses Bild gefällt mir: Gott nimmt uns an der Hand so wie man ein Kind an der Hand nimmt oder wie Verliebte händchenhaltend spazieren gehen oder wie man die Hand von Sterbenden hält.

Gerade wenn man dabei an ein Kind denkt, sieht man, wie viel im Händehalten drin steckt: Ein Kind sucht die Hand wenn es Angst hat genauso wie wenn es besonders fröhlich ist und an der Hand hüpfen und springen möchte.

Die Nähe des Händehaltens tut gut und Gott nutzt dieses Bild um uns zu sagen, was dieser Bund zwischen Gott und Mensch bedeutet: Nähe und Geborgenheit, Schutz und Fröhlichkeit und sorgloses Hüpfen.

Das alles bietet Gott uns an mit diesem Bund, den er damals mit unseren Vorfahren am Sinai geschlossen hat.

Aber leider funktioniert es nicht so recht und wäre Gott wie wir Menschen, er hätte den Bund längst gekündigt, so oft wie wir vertragsbrüchig werden. (Schon kurz nach dem Aufstehen) Aber Gott ist anders. Er kündigt nicht den Bund, er kündigt einen neuen Bund an.

Für uns Christen klingt bei dieser Ankündigung durch den Propheten Jesaja natürlich auch der neue Bund an, den Gott durch Jesus mit den Menschen geschlossen hat.

Und tatsächlich betont Jesus in seinem Leben und mit seinem Sterben und der Auferstehung genau das, was Jeremia hier im letzten Vers ankündigt: Vergeben und Vergessen der Missetaten und Sünden.

Nur sind wir auch dadurch keine besseren Menschen geworden. Es fällt uns noch genauso schwer wie zu Mose Zeiten, sich an die einfachste Regel zu halten: Du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von allen Kräften und von ganzem Gemüt und deinen Nächsten wie dich selbst.
Gott, unsere Mitmenschen und uns selbst lieben und alles wäre gut.

Von Gottes Seite her ist dieser Bund doppelt bekräftigt: In Blick auf die Vergangenheit sagt er: Ich habe euch an den Händen gehalten“ und in Blick auf die Zukunft „Ihr werdet mich erkennen und ich werde Vergeben und der Sünden nicht gedenken“.

Warum aber schaffen wir es nicht, den Bund einzuhalten und was können wir tun, damit es besser wird?

Zunächst einmal bin ich mir ziemlich sicher, dass wir es auf dieser Welt niemals schaffen werden. Erst wenn Gott endgültig eingreift, wird es anders sein.

Ich glaube aber auch, dass je krampfhafter wir versuchen, es Gott recht zu machen, desto mehr werden wir daran scheitern:

Das war ja zum einen Luthers große Erkenntnis

und zum anderen mussten wir in den letzten Jahrzehnten ja oft die Erfahrung machen, wohin religiöser Fanatismus führt.

Ich fürchte das Gebet am Anfang der Predigt bringt es genau auf den Punkt: Spätestens wenn wir morgens den Fuß aus dem Bett heben, wird es kritisch.

Meines Erachtens liegt das Geheimnis, wie dieser Bund funktioniert in dem, was Jeremia hier beschreibt: Gott hat uns an die Hand genommen, weil er uns liebt. Gott wird die Missetaten vergeben, nicht weil wir so toll waren sondern weil er uns liebt. Am Anfang steht also Gottes Liebe, am Ende steht Gottes Liebe und dazwischen auch.

Unser Problem ist nur, dass wir das immer wieder vergessen. Wenn uns ganz und gar bewusst wäre, wie sehr Gott uns liebt, dann bräuchten wir doch keine einzige Lüge, wir müssten uns nichts schönreden, müssten uns nicht besser machen als wir sind. Denn so wie wir sind, sind wir richtig. Ich bin überzeugt: Wer das in seinem tiefsten Herzen weiß, der wird ganz automatisch Gottes Bund nicht übertreten.

Und das klärt dann auch, was wir tun können, damit wir diesen Bund besser einhalten:

Macht euch bewusst: Gott liebt euch.

Vielleicht wäre es gut, der schottische Kollege würde jeden Morgen kurz am Spiegel vorbeilaufen und sich selbst so begrüßen, wie wir in unserer Gemeinde die neu getauften Kinder begrüßen, mit einem fröhlichen „Willkommen, Kind Gottes“.

Und mit Sicherheit ist es wichtig, dass wir zusammenkommen, Gottesdienst feiern und uns gegenseitig zeigen: Du bist Gottes geliebtes Kind.

Vielleicht werden wir es dann eines Tages sogar aus dem Bett oder bis hinters Frühstück schaffen, oder noch viel weiter. Nicht verkrampft sondern kindlich spielerisch, weil Gott dich liebt. Amen