Meditation zum Lied „Stern über Bethlehem“

Pfarrerin Deborah Martiny

Musik und Texte des Gottesdienstes zum Anhören (Musiker: Annette und Jörg Backeberg, Anne und Christian Daxer)


Diese Nacht war anders.
Das sangen die Engel, das hörten die Hirten
und das spürten die Menschen:
Ganz anders – heilig – war diese eine Nacht,
in der ein kleines Kind in einer Futterkrippe in Bethlehem lag.
Dunkel war sie und kalt wie so viele Nächte auch –
aber über ihr lag ein Glanz,
ein Licht strahlte auf, das niemand je zuvor gesehen:
Am Himmel stand ein neuer Stern.


In dieser heiligen Nacht leuchtete ein Stern,
und sein Licht fiel in eine dunkle Kammer.
Dort saß eine Mutter am Bett ihres Kindes und betete.
Verzweifelt betete sie für ihr Kind, weinte und flehte.
Da berührte ein Strahl des Sternenlichtes ihr Gesicht,
so dass sie aufsah, aufatmete –
für einen kurzen Moment alle Angst und Verzweiflung vergaß
und begriff: „Auch in der tiefsten Dunkelheit leuchtet Gottes Licht.“


In dieser heiligen Nacht leuchtete ein Stern,
und sein Licht fiel in die dunklen Gassen.
Dort lief ein kleiner Junge.
Allein war er hinausgelaufen in das Dunkel,
nur fort von daheim.
Die bösen Worte, die lauten Stimmen, die wütenden Gesichter – das alles hatte ihm das Herz zerrissen und ihn hinausgetrieben in die Nacht.
Voller Angst lief er durch das Dunkel.
Zufällig nur hob er den Blick und sah den Stern –
den Stern, der auch ihm leuchtete.
Da hielt er inne, das Herz wurde ihm weit und er spürte:
„Ich bin nicht allein.“


In dieser heiligen Nacht leuchtete ein Stern,
und sein Licht fiel auf die Fensterläden eines Hauses.
Fest verschlossen mit Riegeln und Haken.
Der hier lebte, liebte seine Dunkelheit.
In seinem Herzen war es so lange schon finster,
da war kein Platz mehr für das Licht.
In seinen Abgründen gab es keine Sterne, keine Sonne, keinen Mond.
Aber in dieser Nacht suchte sich ein winziger Lichtstrahl den Weg durch die Fensterläden.
Und der hier lebte, sah den Sternenstrahl,
schreckte hoch und begriff: „Da gibt es Licht – auch für mich!“


In dieser Nacht leuchtete ein Stern,
und sein Licht fiel in ein hell erleuchtetes Haus.
Geschäftig eilten die Bewohner hin und her.
Bloß nicht anhalten, nicht stillstehen, nicht nachdenken.
Sonst spüren wir, wie hohl und leer alles ist.
Sonst stehen wir da und müssen uns eingestehen,
dass unser Leben falsch ist, ohne Boden, ohne Grund.
So liefen sie und lachten und redeten – immer heller und lauter, um die Dunkelheit nicht sehen zu müssen.
Und der Stern schien auch auf dieses Haus
– und plötzlich hielten sie doch inne und sahen,
wie das Licht um sie herum ein anderes wurde.
Wie es warm wurde statt grell,
aus der Tiefe heraus leuchtend.
Da standen sie still und sahen sich an, als sähen sie sich zum ersten Mal.
Und was sie da sahen, machte sie froh.


In dieser Nacht leuchtete ein Stern,
und sein Licht fiel auf einen Stall.
Dort lag ein Kind – das Kind – und schlief.
Noch wusste es nicht, dass es der König war.
Noch wusste es nicht,
dass es geliebt und gehasst,
angebetet und verflucht werden würde.
Noch ahnte es nichts.
Es schlief voller Frieden.
Denn in dieser Nacht kam der Friede in die Welt.
Ein zerbrechlicher Friede,
so zart wie die winzigen Hände des Kindes,
das ihn zu uns brachte.
Ein Friede, der, wie dieses Kind,
immer wieder wanken würde,
fallen, sterben – und dennoch auferstehen.
Ein Friede,
der klein und zart,
stark und mächtig ist –
mächtiger als Krieg und Leid,
mächtiger als der Tod.


Denn in dieser Nacht kam Gott selbst auf die Welt
und alle Sterne des Himmels leuchteten für ihn.