Predigt zum 9. Sonntag nach Trinitatis über Jeremia 1, 4-10

aus der evangelischen Kirche Gengenbach, Pfr. Moritz Martiny

 

Spruch zum Eingang (statt Psalm) Im Psalm 63, dem Psalm für diese Woche, sagt der Beter zu Gott: „Du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.“

 

Eingangsgebet Dem schließen wir uns an und beten:

Du bist mein Helfer, Gott,

hilf mir. Hilf mir vor allem aus meiner Sorge und Furcht.

Es sind Zeiten voller Furcht:

Um Gesundheit und um Leben,

um Arbeitsplatz und Auskommen,

um die Umwelt und die Klimaerwärmung,

um Frieden und um Vernunft.

Sei mein Helfer gegen die Furcht.

 

Unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.

Brennend heiß ist es seit Tagen,

wie wohltuend da Schatten ist.

Herr, ich komme zu dir

und ruhe jetzt eine halbe Stunde aus von der Welt.

Noch spüre ich den Alltag sehr.

Aber ich hoffe auf dein gutes Wort

und vielleicht sitze ich am Ende des Gottesdienstes ja wirklich ganz in deinem kühlenden Schatten und frohlocke, freue mich, bin fröhlich, bin frei.

Amen

 

Predigttext

Im Jahr 587 vor Christus wird Jerusalem von den Babyloniern eingenommen und zerstört. In dieser Zeit lebte der Prophet Jeremia. Gott hatte ihm eine undankbare Aufgabe gegeben. Er sollte davor warnen, dass es zu dieser Katastrophe kommen wird, wenn die Menschen nicht endlich gerechter leben. Mit dieser Botschaft macht man sich viele Feinde. Jeremia wusste das, aber Gott duldete keinen Widerspruch. Hören wir, wie Gott Jeremia zum Propheten macht. Aus dem ersten Kapitel seines Buches:

 

Jeremia berichtet: Des Herrn Wort geschah zu mir: Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum Propheten für die Völker. Ich aber sprach: Ach, Herr Herr, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung. Der Herr sprach aber zu mir: Sage nicht: »Ich bin zu jung«, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebiete. Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der Herr. Und der Herr streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund. Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche, dass du ausreißen und einreißen, zerstören und verderben sollst und bauen und pflanzen. Amen

 

Predigt

Liebe Gemeinde!

Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht!

Habt ihr das schon mal ausprobiert?

Bei mir hat das nämlich noch nie funktioniert.

Ja, in Zeiten von „Smarthomes“ kann man an manchen Stellen etwas schummeln.

Aber selbst dann ist ein „Hey Siri, knips das Licht im Wohnzimmer an!“ nicht das selbe.

Und ein „Alexa, lass es mal regnen und dreh die Außentemperatur fünf Grad runter“ klappt sowieso nicht.

Bei Gott ist das anders:

Bei Gott sind Wort und Tat ein und die selbe Sache.

Wenn Gott sagt: „Licht!“ dann wird es Licht.

Das war nicht nur bei der Schöpfung so. Das ist immer so wenn Gott spricht, ob uns das gefällt oder nicht.

Gott sagt etwas und es geschieht.

Diese Erfahrung machte Jeremia. Seine Berufung zum Propheten macht das deutlich.

Er sagt selbst: „Des Herrn Wort geschah zu mir“ – Nicht „Ich habe Gott gehört“, sondern es geschah. Denn Gott spricht und es geschieht.

Entsprechend zwecklos ist Jeremias Widerstand. Er ahnt ja, dass das kein Spaß wird. Also sagt er „Erstens kann ich nicht predigen und zweitens bin ich zu jung.“

Aber bei Jeremia klappt das nicht. Bei ihm selbst sind Wort und Tat nicht dasselbe.

Entsprechend bleibt es dabei.

Aber immerhin: Gott sagt zu ihm: „Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten.“

Ich hoffe für Jeremia, dass es da mit Gottes Wort und Tat funktioniert hat: Gott sagte „Fürchte dich nicht!“ und damit war alle Furcht weg.

Ein Sonntagsspaziergang war es immer noch nicht, was Jeremia dann erlebte, aber Gott war bei ihm.

Und dann, ein weiteres Mal in diesem Predigttext, die Macht von Gottes Wort. Gott berührte Jeremias Mund und legte ihm seine eigenen Worte in den Mund.

Das ist der Punkt an dem Jeremia Angst hätte bekommen sollen.

Wenn er jetzt ausspricht: Wir werden untergehen, zerstört und verschleppt werden, dann wird es geschehen.

Es werde Untergang und es ward Untergang.

Kein sehr angenehmer Gedanke. Ich möchte nicht in seiner Haut gesteckt haben.

Aber wir stecken ja auch gar nicht in seiner Haut. Für uns sieht das alles ganz anders aus. Oder sollte ich besser sagen: Für uns hört sich das alles ganz anders an:

Das ist nämlich meine Anfrage heute an den Predigttext:

Ich bin ja nicht wie Jeremia berufen. Ich gehöre zu denen, zu denen er spricht.

Ich höre Gottes Wort durch andere Menschen.

Und das wirft die Frage auf, woran ich erkenne, dass hier wirklich ein Prophet spricht.

Wir hatten es ja in den letzten Jahrzehnten mehr als genug, dass Menschen behaupteten Gottes Willen zu tun und dann tausende in den Tod rissen.

Wir hatten es in den letzten Jahren genug, dass irgendwelche Dinge behauptet werden, die gar nicht stimmen, die aber die Weltgeschichte beeinflussen.

Wir hatten es in den letzten Monaten genug, dass irgendwelche wilden Verschwörungstheorien breit machten.

Woran erkenne ich also, dass es wirklich Gottes Wort ist, das der Prophet da spricht.

Die Menschen damals erkannten es offensichtlich nicht.

Sie wollten nicht hören, was Jeremia da sagt. Das Leben war zu bequem und man hätte massiv den eigenen Lebensstil überdenken müssen. Man hätte aufhören müssen, sich auf Geld und Macht und irgendwelchen Aberglauben zu verlassen. Man hätte aufhören müssen, sich billigste Kleidung und Lebensmittel zu kaufen, bei denen die Gerechtigkeit auf der Strecke blieb.

Im Nachhinein wissen wir, dass Jeremia recht hatte, denn Jerusalem wurde tatsächlich zerstört und die Stadt und das Land als Trümmerhaufen hinterlassen.

Aber woran erkenne ich heute, bevor es zu spät ist, was Gottes Wille ist und wem Gott seine Worte in den Mund gelegt hat?

Auch wir werden es wohl erst wissen, wenn es zu spät ist.

Dennoch glaube ich schon, dass es ein paar Merkmale gibt, die dafür sprechen, dass das Gottes Wort ist:

Wenn zum Beispiel deutlich ist, dass derjenige der sie ausspricht, gar kein Eigeninteresse daran hat, ja wie Jeremia sogar seine Karriere und seinen guten Ruf aufgibt.

Wenn nicht von Hass, sondern von Liebe und Versöhnung die Rede ist.

Wenn es um Frieden geht und zwar nicht Frieden, der den Reichen ihre Sicherheit stiftet, sondern Frieden, der ein Leben in Würde ermöglicht.

Wenn Gerechtigkeit danach schaut, wer was zum Leben braucht und nicht danach, wer was angeblich verdient.

All das können Merkmale sein. Sicherheit aber gibt es nicht.

Nur eines ist sicher: Bei Gott sind Wort und Tat eins und wenn er eines Tages spricht: Es werde, dann wird es geschehen. Das Reich Gottes wird kommen und es wird gut sein.

Bis dahin müssen wir mit vielen Unsicherheiten leben, mit Fragen und mit Zweifeln. Aber auch mit Hoffnung und mit Mut und mit einem Gott der spricht: „Fürchte dich nicht, ich bin bei dir!“

Und das, das spüre ich doch immer wieder mal, selbst in diesen schwierigen Zeiten.

Und manchmal singe ich: „Lege ein neues Lied in meinen Mund“ und dann sind da nicht nur Worte sondern sogar ein Loblied.

Amen