Aus dem Gottesdienst zum 7. Sonntag nach Trinitatis (26. Juli 2020)
In diesem Gottesdienst wurde die Kantate „Singet dem Herr ein neues Lied“ von Dietrich Buxtehude aufgeführt. Zwischen den einzelnen Teilen gab es jeweils eine kurze Auslegung. Eine eigene Predigt gab es nicht.
Anmoderation Kantate
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„Singet dem Herrn ein neues Lied,
denn er tut Wunder!“ -
Das soll ein neues Lied werden?
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Über 300 Jahre alt ist sie, die Kantate von Buxtehude.
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Die Noten sind also nicht neu.
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Neu ist ein Lied aber dann, wenn es in mir ganz neue Töne aufkommen lässt.
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Vielleicht erreicht mich etwas und lässt mich innerlich singen.
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Und dann wird es zum neuen Lied in mir.
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Darauf hoffe ich jetzt,
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ich will ein neues Lied in mir erklingen lassen
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von der alten Corona-Leier, habe ich genug.
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Jetzt brauche ich jemanden der mir zusingt: Gott tut Wunder.
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Kantate 1: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!“
Auslegung 1
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Ein neues Lied!
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Das ist gar nicht so leicht. Die alten Lieder sitzen doch sehr fest.
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Das kann jeder bestätigen, der mal über eine ganze Woche – oder noch länger – einen Ohrwurm hatte: Die selbe Melodie, die immer und immer wieder auftaucht.
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Jemand sagt etwas und schon fängt es in mir an zu singen und singt und singt.
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Es hilft nichts, andere Melodien anzuhören oder zu musizieren. Diese eine will immer wieder hervor.
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Ja, solch ein Ohrwurm ist lästig. Aber immerhin sind es ja offensichtlich ansprechende Melodien, die ihn in uns auslösen.
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Noch lästiger sind daher die Seelenwürmer, die uns gerne so quälen:
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Der schwelende Konflikt, der mich spätestens abends im Bett wieder einholt und mir das Einschlafen schwer macht.
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Die Sorgen um einen lieben Menschen, dem ich nicht helfen kann. Die nicht verdaute Niederlage, der Liebeskummer immer und immer wieder winden sich die selben Gedanken und Gefühle durch meine Seele.
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Und seit Wochen und Monaten – ich habe das Zeitgefühl schon verloren – Corona, ohne Ende.
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Dagegen wünsche ich mir ein neues Lied, ein Lied, das in meiner Seele erklingt. Ein Lied das lauter und stärker und eingängiger ist als alle Sorgen dieser Welt. Ein Lied wie ein Wunder. Ein Lied von der Freiheit. Ein Lied vom Durchatmen, Aufatmen. Ein Lied das in mir klingt und sagt: Stell die alte Leier ab. Jetzt kommt Gott: Mächtiger als alle Sorgen.
Kantate 2: „Der Herr lässet sein Heil verkündigen, vor den Völkern lässet er seine Gerechtigkeit offenbaren. Er gedenkt an seine Gnade und Wahrheit dem Hause Israel. Aller Welt Ende sehen das Heil unsers Gottes.“
Auslegung 2
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„Der Herr lässet sein Heil verkündigen, vor den Völkern lässet er seine Gerechtigkeit offenbaren. Er gedenkt an seine Gnade und Wahrheit dem Hause Israel. Aller Welt Ende sehen das Heil unsers Gottes.“
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Kaum ist die letzte Note erklungen, da versucht doch schon wieder die alte Leier in mir sich durchzusetzen.
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Ich höre „aller Welt Enden“ und denke gleich an Zahlen: Infektionszahlen, Brasilien, USA, Spanien, Iran.
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Ich habe den Eindruck, alle Welt sieht gerade das Unheil dieses Virus und kaum einer das Heil unseres Gottes.
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Tatsächlich ist solch eine Katastrophe auch eine Anfrage an unseren Glauben: Wie kann Gott das zulassen, wenn er doch die Menschen liebt und allmächtig ist.
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Eine Frage auf die es keine Antwort gibt, die mich zufrieden stellt.
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Eine Frage, die ich Gott immer wieder stellen kann und doch nichts verstehe. Denn alle Antworten sind zu klein oder verharmlosen das Schicksal der vielen Toten, Trauernden, Kranken und von uns allen mit den Einschränkungen.
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Einen anderen Weg gehen der Psalm und die Kantate: „Gott gedenkt an seine Gnade und Wahrheit“ heißt es da.
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Das ist keine Antwort auf die Frage nach dem Warum.
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Aber es ist eine klare Grenze: Gott ist und bleibt gnädig, auch in der Krise.
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Gott lässt uns nicht im Stich, er ist bei uns, er leidet mit:
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bei den Sterbenden in Brasilien
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bei den Hungernden in Afrika
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bei den Einsamen in Gengenbach.
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Hier und an aller Welt Enden.
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Kantate 3: „Jauchzet dem Herrn alle Welt, singet, rühmet und lobet.“
Abschluss
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„Jauchzet dem Herrn alle Welt,
singet, rühmet und lobet.“-
Das ist das Ziel des Psalmes und der Kantate:
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Das neue Lied bringt alle Welt dazu, Gott zu loben.
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Das ist gut, denn wir haben die letzten Monate ohnehin zu viel gejammert und zu wenig gelobt.
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Und mit dem Lob ist es wie mit manchen Gefühlen: Wenn ich schlechte Laune habe, verbreitet die sich gerne in meinem Umfeld. Wenn ich gute Laune habe, kann die den einen oder anderen mitreißen.
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So auch das Lob Gottes. Vielleicht reißt das ja auch uns heraus aus der Schwarzmalerei und der ewig alten Leier.
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Ich bin kein Freund davon, das Leid klein zu reden:
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Was wir gerade erleben ist schlimm.
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Für jeden einzelnen von uns.
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Wie jede Krise trifft sie uns unterschiedlich hart. Aber Leid ist nicht vergleichbar. Und nur weil es jemand anderem schlechter als mir geht, ist das noch kein Grund dafür, dass es mir besser geht.
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Deshalb will ich das eigene Leid und das der anderen nicht klein reden.
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Aber ich bin auch kein Freund davon, Gott, klein zu reden.
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Gott tut Wunder, jeden Tag, kleine und große.
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Das größte Wunder ist wohl, wie bedingungslos er zu uns steht, über alle Grenzen, Fehler und sogar über den Tod hinweg.
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Darum stimme ich von ganzer Seele mit ein und sage: Jauchzet dem Herrn alle Welt, singet, rühmet und lobet. Amen