Predigt zum 2. Sonntag nach Epiphanias (17. Januar 2021) von Pfarrerin Deborah Martiny gibt es hier zum Nachlesen und Anhören.
Predigttext: Joh 2, 1-11

Predigt zu Joh 2,1-11 (Die Hochzeit zu Kanaa) am 2.So.n.Ep. (17.1.2021)
Pfarrerin Deborah Martiny

Der Predigttext für heute steht im Johannesevangelium, im 2. Kapitel:

Am dritten Tagfand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt. Auch die Mutter von Jesus nahm daran teil. Jesus und seine Jünger waren ebenfalls zur Hochzeitsfeier eingeladen.
Während des Festes ging der Wein aus. Da sagte die Mutter von Jesus zu ihm: »Sie haben keinen Wein mehr!« Jesus antwortete ihr: »Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.« Doch seine Mutter sagte zu den Dienern: »Tut alles, was er euch sagt!«
Dort gab es auch sechs große Wasserkrüge aus Stein. Die Juden benötigten sie, um sich zu reinigen. Jeder Krug fasste zwei bis drei Eimer. Jesus sagte zu den Dienern: »Füllt die Krüge mit Wasser.« Die füllten sie bis zum Rand. Dann sagte er zu ihnen: »Schöpft jetzt etwas heraus und bringt es dem Festmeister.« Sie brachten es ihm. Als der Festmeister einen Schluck davon trank, war das Wasser zu Wein geworden. Er wusste natürlich nicht, woher der Wein kam. Aber die Diener, die das Wasser geschöpft hatten, wussten Bescheid. Da rief der Festmeister den Bräutigam zu sich und sagte zu ihm: »Jeder andere schenkt zuerst den guten Wein aus. Und wenn die Gäste dann angetrunken sind, folgt der weniger gute. Du hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten.«
Das war das erste Zeichen. Jesus vollbrachte es in Kana in Galiläa. Er machte damit seine Herrlichkeit sichtbar und seine Jünger glaubten an ihn. (Joh 2,1-11, Basisbibel)
Amen.


Liebe Gemeinde,
heutzutage würde da das Ordnungsamt anrücken.
Jede Menge Gäste, zum Waschen nur Wasser ohne Seife oder Desinfektionsmittel, gemeinsames Essen und Trinken und Feiern…
Das ist ja grade alles verboten.

Schlimm, dass das mein erster Gedanke war beim Lesen der Geschichte!
Die Pandemie ist schon so sehr Teil meines Alltags, die Abstands- und Masken- und Desinfektionsregeln so normal geworden, dass ich selbst bei einer so bekannten Bibelgeschichte innerlich zusammen zucke und denke: „Oh Nein, das geht doch nicht!!“

Klar – das ist nicht, was Johannes gedacht hat, als er die Geschichte aufgeschrieben hat. Und das ist erst recht nicht, was Jesus gedacht hat. Aber irgendwie kann ich die Geschichte zur Zeit nicht anders lesen und hören…

Was aber vielleicht auch gar nicht verkehrt ist.
Vielleicht hat die Geschichte selten so in eine Zeit gepasst wie heute.
Vielleicht ist es genau die richtige Geschichte für jetzt – mitten im zweiten Lockdown.

Es geht in Kanaa darum, dass Jesus sich zum ersten Mal als der Sohn Gottes erweist.
Zum allerersten Mal offenbart er, wer er ist und mit welcher Vollmacht er ausgestattet ist.
Er zeigt den Menschen, dass Gott selbst ihn geschickt hat.
Und das tut er, indem er Wasser in Wein verwandelt, damit weiter fröhlich gefeiert werden kann.


Hm…
Ist das nicht ein bisschen seltsam?! Irgendwie frivol?
Muss das wirklich sein? Feiern, trinken, fröhlich sein..??
Würde man nicht eigentlich erwarten, dass Jesus was Vernünftiges tut? Was Sinnvolles? Die Sache mit den fünf Broten und zwei Fischen – wäre die nicht viel besser als erster Auftritt? Handfest, bodenständig, ernsthaft bemüht…
Eben so, wie man es vom Sohn Gottes erwarten würde..?

Liebe Gemeinde,
ich finde es toll, dass Jesus als zuallererst Wasser in Wein verwandelt und damit die Hochzeit rettet. Und ich bin total dankbar, dass er nichts Vernünftiges, Bodenständiges, Ernsthaftes tut als erstes Zeichen.
Grade weil ich selbst dauernd damit beschäftigt bin, vernünftig zu sein und bodenständig und ernsthaft.
Jesus ist das nicht.
Der ist nicht vernünftig.
Der schmeißt zuerst mal eine große Party.

Ich kriege richtig Sehnsucht, wenn ich das lese.
Zusammen sein, ausgelassen feiern, fröhlich sein, miteinander reden und lachen.. das würde ich auch so gerne mal wieder.
Es ist doch so wichtig!
Gemeinsam schöne Zeit zu verbringen, mal eine Pause vom Alltag zu haben, richtig ausgelassen miteinander zu feiern… das brauchen wir so sehr!

Das denke ich oft – und freue mich entsprechend, dass Jesus das offenbar genauso sieht!

Zum Menschsein gehört mehr als Vernunft.
Zum Christsein gehört mehr als Ernsthaftigkeit und strenges sich Bemühen.
Zum Gemeindesein gehört mehr als sinnvolle Arbeit und schwerwiegende Überlegungen.
Mehr als getragene Sprache und leise Musik.

Das fröhliche und ausgelassene Feiern gehört genauso dazu.
Das Entspannen, das Lachen, das Tanzen….
Das alles ist für Jesus offenbar nichts, was man sich dann noch irgendwann gönnt, wenn alle Arbeit erledigt ist und alle ach so wichtigen Aufgaben abgearbeitet sind.
Nein: Es ist das erste, was er tut.
Und damit ist es genauso wichtig – vielleicht sogar wichtiger – als der Rest.
Denn immerhin ist es das, woran die Menschen zum allerersten Mal Jesus als Gottes Sohn erkennen: Daran, dass er uns hilft, fröhlich miteinander zu feiern.

Und das ist jetzt – mitten im Lockdown – doch eine tolle Botschaft!
Gott will, dass wir miteinander feiern und fröhlich sind.
Jesus macht uns das möglich.

Für mich heißt das:
Ich gebe meine Sehnsucht nicht auf, das bald wieder bessere Zeiten kommen.
Ich gebe meinen großen Wunsch nach Nähe und miteinander Reden und gemeinsamen Lachen nicht auf.
Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir das irgendwann wieder erleben werden.
Und ich weiß: Wenn es soweit ist, dann ist Gott selbst dabei.

Der Predigttext macht uns Hoffnung.
Eine Hoffnung, die wir alle grade jetzt im Lockdown ganz dringend brauchen.

Wie dringend wir sie brauchen, das merke ich bei jedem Geburtstag, den wir ohne Gäste begehen.
Das habe ich an Weihnachten und Silvester ganz besonders gemerkt.
Und das spüre ich jedesmal, wenn ich überlege, wie es wohl den Menschen geht, die alleine in einer Wohnung sind. Die sowieso wenig Kontakte haben. Die schon vor der Pandemie einsam waren…
Für sie alle ist diese Hoffnung und diese Zusage besonders wichtig:
Gott will, dass wir gemeinsam mit anderen fröhlich sind und feiern.
Das hat Jesus uns gezeigt.

Und wir als Gemeinde – auch wir brauchen diese Hoffnung grade jetzt ganz besonders.
Immer mehr Einschränkungen, immer weniger Treffen… das ist zur Zeit unser Alltag.
Aber unsere Hoffnung ist: Es wird auch wieder anders sein.
Und dann wird es gut.

Wir können ja als Gemeinde sehr gut miteinander feiern und fröhlich sein.
Das weiß ich noch aus Zeiten vor der Pandemie – so weit weg sie uns auch heute erscheinen.
Kirchencafé mit Gesprächen bis mittags um halb eins, selbstgebackener Kuchen und fröhlicher Trubel nach den Familiengottesdiensten, Gemeindefest mit vielen Kindern, Wildschweinessen im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal, interkulturelles Fest auf dem Scoutplatz mit Lagerfeuer und Spielen…
Das alles ist nicht überflüssiger Luxus – nein, es macht uns erst richtig zur Gemeinde Jesu Christi!

Das sollten wir nicht vergessen – das werden wir nicht vergessen.
Und wenn wir es dann endlich wieder dürfen – miteinander feiern und fröhlich sein – dann wollen wir daran denken:
Jesus hat das auch getan.
Und er hat es uns möglich gemacht.
Weil er der Sohn Gottes ist.
Amen.